Quo vadis Facebook? (Zusammenfassung Session vom #ccb13)
Auf dem Community Camp 2013 habe ich eine Session mit dem Titel “Quo vadis Facebook” gehalten. Ich wurde mehrfach gebeten, die Session online zu stellen und möchte das gerne in Form eines Blog-Beitrags tun. Im Kern bestand meine Session aus acht Thesen rund um die Gegenwart und Zukunft von Facebook und was das alles für uns Social Media Manager bedeutet. Die Thesen sind teilweise sicherlich für die meisten von euch nicht neu oder weltbewegend, ich fand es trotzdem einmal wichtig sie in einem Beitrag zu bündeln. Der gut gefüllte Raum bei meiner Session zeigte mir, dass das Thema viele beschäftigt.
These 1: Edge Rank is a bitch
Ja, ich weiß – der Begriff Edge Rank ist Blödsinn. Ich möchte mich aber gar nicht an dem Begriff aufhängen, es ist egal wie man es nennt. Fakt ist: Facebook zeigt nicht alle Beiträge allen Nutzern an. Im privaten bedeutet das, dass ich nur den Bruchteil der Beiträge meiner Freunde sehe. Das geschieht weil Facebook meint, dass Beiträge von Freunden – mit denen ich nicht häufig interagiere – nicht so wichtig sind. Dies führt im privaten Bereich zu der viel zitierten Filter Bubble. Kurz gesagt bedeutet es, dass man nur noch Inhalte von Freunden wahrnimmt, die in das eigene Weltbild passen und dadurch nicht mehr mit anderen Meinungen konfrontiert wird. Man lebt also in einer Blase aus man bewusst ausbrechen muss.
Für Unternehmen ist das deutlich schwieriger. Man kann hier nicht direkt von einer Filterbubble sprechen.
These 2: Die Reichweite sinkt
Fakt ist hier vor allem: Die Reichweite von Facebook-Beiträgen sinkt. Das ist weniger eine These, sondern eine Tatsache. Jeder der sich in der Branche bewegt stellt das fest – die Zeiten in denen ein Beitrag organisch den Großteil der Fans erreicht sind vorbei. Bevor ich aber zu der Folge für unsere Arbeit komme, möchte ich noch einmal kurz die Analyse gehen. Oftmals wird nämlich so getan, als ob die Reichweite eines einzelnen Beitrags von der Anzahl der Likes und Kommentare abhängt: Das stimmt meiner Meinung nach nicht. Die organische Reichweite lässt sich von einem erfolgreichen Beitrag nicht beeindrucken. Viele Likes und Kommentare sorgen nur dafür, dass die virale Reichweite steigt. Hauptverantwortlich für die virale Reichweite wiederum sind die Shares, da sie als einziges dafür sorgen, dass eine nennenswerte Anzahl von Meldungen im Stream der Freunde der Person generiert wird.
Für die organische Reichweite hingegen ist der Beitragstyp fast schon hauptverantwortlich. Der unspannendste Text ohne Bild und Link läuft immer noch deutlich besser als der viralste Bild-Post. Mit einem schlauen Algorithmus hat das nichts zu tun.
These 3: Content bleibt King
Der jetzt folgende Punkt ist mir eine absolute Herzensangelegenheit: Guter Content ist unsere Daseinsberechtigung als Social Media Manager! Wenn wir alle nur noch lustige Bildchen aus den Tiefen des Internets posten, dann können wir unseren Job auch an einen Praktikanten vergeben. Dabei brauchen wir weder ein Studium noch eine Strategie – das ist einfach nur schlecht. Guter Content ist zudem das, was Nutzer sich von einer Seite erwarten (wenn sie nicht gerade über ein iPad-Gewinnspiel gelockt wurden). Guter Content bedeutet Content, der sich auf das Unternehmen bezieht. Das bezieht sich übrigens nicht nur auf Beiträge, sondern generell auf Inhalte, die eure Kunden binden und Aktivität belohnen. Dazu können auch Apps oder Gewinnspiele zählen – so lange sie zum Unternehmen passen.
Aber: Guter Content sorgt nicht automatisch für die nötige Reichweite. Das liegt an dem an der in These 2 gezeigten Tatsache: Facebook tut so, als wären Likes und Kommentare ein Indikator für guten Content.
These 4: Service ist Queen
Der beste Content hilft nichts wenn die Seite von unzufriedenen Kunden überrannt wird. Die Basis einer erfolgreichen Seite wird daher auch in Zukunft immer mehr ein guter Service sein. Denn nur ein glücklicher Kunde, dem bei Problemen geholfen wird, wird gerne an Aktionen teilnehmen und sich engagieren. Ein Kunde mit einer ungelösten Beschwerde hingegen wird ganz bestimmt nicht an einem tollen Gewinnspiel teilnehmen: Er wird seinem Ärger vielmehr dort Luft machen, wo es dem Unternehmen noch weniger recht ist und andere Nutzer dadurch abschrecken.
These 5: Geld regiert die Facebook-Welt
Zurück aber zu These 2: Warum sinkt die Reichweite? Egal was Facebook sagt: Facebook möchte sich stärker monetarisieren. Egal was andere sagen: Das ist völlig okay. Auch wenn ich es persönlich anders machen würde. Das ist aber egal, weil wir uns alle mit einer Tatsache abfinden müssen: Ohne Ad-Budget wird man es als Unternehmen in Zukunft auf Facebook in Zukunft schwer haben. Das dafür nötige Ad-Budget steigt mit der Größe einer Seite, kleine Unternehmen müssen also keine Unsummen investieren. Wie eine gute Webseite wird auch Facebook in Zukunft (über das Ad-Budget) Geld kosten. Seiten, die in der Vergangenheit übrigens nur auf Fanwachstum gesetzt haben werden dabei übrigens bestraft, Seiten die ihre Fans mit unternehmensbezogenen Inhalten gebunden haben nicht. Karma.
Das Ganze zieht übrigens noch etwas nach sich: Wir (Social Media Manager) müssen uns noch stärker als zuvor mit Facebook-Ads beschäftigen.
These 6: Facebook stirbt nicht (so schnell)
Facebook wird auch in drei Jahren noch eine wichtige Rolle spielen, wahrscheinlich auch in zehn Jahren. Kein Netzwerk war jemals so tief verankert in der Gesellschaft wie der blaue Riese. Alleine mit Facebook-Connect sind viele Menschen extrem abhängig von Facebook, selbst wenn sie ihre Nutzung teilweise zurückfahren wird das Netzwerk weiter eine relevante Rolle spielen. Davon mal abgesehen: Bis heute steigen die Facebook-Nutzerzahlen in Deutschland immer noch kontinuierlich an. Facebook wird sicherlich stärker zur Gewohnheit werden, es ist eben nichts Neues mehr. Aber das darf man nicht mit Sterben verwechseln.
These 7: Facebook ist keine Teenager-Plattform
Normalerweise speichere ich mir gute Blog-Beiträge ab, in einem Fall habe ich es leider vergessen. Ein guter amerikanischer Autor hat sich im Zuge des Hypes vor einigen Monaten um den Artikel einer 13-Jährigen und ihrer Facebook-Nutzung mit einer sehr intelligenten These geäußert. Er sagte dabei zusammenfassend, dass eine abnehmende Facebook-Nutzung bei Teenagern völlig normal ist. Er begründet dies damit, dass Facebook heute nicht mehr auf die Bedürfnisse von Teenagern konzipiert ist. Facebook ist ein Netzwerk, dass sehr gut dafür geeignet ist mit in der Welt verstreuten Bekannten in Kontakt zu bleiben. Teenager haben dieses Bedürfnis eben aber nicht, weil sie ihre Freunde jeden Tag in der Schule oder im Verein sehen. Sie werden dieses Bedürfnis aber wieder entwickeln, sobald sie und ihre Freunde sich in der Welt verteilen. So lange spielen für sie andere Netzwerke eine Rolle.
Falls jemand diesen Beitrag kennt, freue ich mich übrigens über den Link.
These 8: Flucht ist zwecklos
Bei allen Ungewissheiten und Monetarisierungszwängen: Facebook ist und bleibt auf absehbare Zeit ein wichtiges Tool für jedes Unternehmen. Wie schon jeder gute Social Media Manager seit Jahren predigt, dürfen wir uns natürlich nur nicht zu abhängig machen und müssen auch neue Kanäle probieren und so flexibler werden. Überflüssig wird Facebook dadurch nicht. Und: Wir alle können immer über gewisse neue Dinge bei Facebook meckern, am Ende aber müssen wir uns anpassen. Andere Berufsbilder müssen das auch, die Kutscher mussten irgendwann wahrscheinlich auch ihre geliebten Pferde anbinden und zum Taxifahrer umschulen.
Das waren soweit meine acht Thesen, ich freue mich auf eure Ergänzungen und Anmerkungen. Spannend war übrigens auch die Diskussion in der Gruppe, die mir gezeigt hat dass ich mit den acht Punkten viele Dinge angesprochen habe, die auch Kollegen in anderen Unternehmen durch den Kopf gehen.
One Response to “Quo vadis Facebook? (Zusammenfassung Session vom #ccb13)”
[...] Pauls Thesen könnt Ihr auf Netzrunde im Detail nachlesen. Wie Paul selbst sagte, ist das Spannende die Diskussion dazwischen. Eine gute Runde, der man anmerkte, dass es auf viele Nuancen ankommt. [...]